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Bantleon: Bei europäischen Unternehmensanleihen langsam den Fuss vom Gaspedal nehmen

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Dr. Rosemarie I. Baumann Senior Portfoliomanagerin


Europäische Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating haben seit Jahresanfang mit knapp 1,2% keine üppige, aber zumindest eine ansprechende Performance erzielt. Die positive Entwicklung ist massgeblich dem Anleihenkaufprogramm der EZB und der guten Konjunkturlage geschuldet. Obwohl wir europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen zunächst noch positiv einschätzen, dürfte ihr Chance-Risiko-Profil in den nächsten Monaten schlechter werden. Wenn die Währungshüter im kommenden Jahr die Anleihenkäufe reduzieren und gleichzeitig die Konjunkturdynamik der Eurozone nachlässt, ziehen Wolken am Horizont auf. Darüber hinaus stehen im Frühjahr 2018 Parlamentswahlen in Italien an, was im Fall einer politischen Destabilisierung bei Unternehmensanleihen aus Peripherieländern zu erhöhter Volatilität führen dürfte. «Vor diesem Hintergrund sollten Anleger nicht dem letzten Renditequäntchen hinterherjagen, sondern sich defensiver an den Kreditmärkten positionieren», sagt Rosemarie I. Baumann, Senior Portfoliomanagerin und Credit-Research-Analystin des Asset Managers Bantleon Bank AG.

Frau Baumann, wie haben sich europäische Unternehmensanleihen seit Jahresanfang entwickelt?

Rosemarie I. Baumann: Investoren von in EUR denominierten Investment-Grade-Unternehmensan-leihen (Senior) haben seit Jahresanfang einen Gesamtertrag von knapp 1,2% erzielt. Im Vergleich zum vergangenen Jahr mit 4,6% oder zu High-Yield-Anleihen mit 5,9% in diesem Jahr fällt das Ergebnis zwar bescheiden aus, in Relation zu leicht negativ rentierenden europäischen Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen 5 und 7 Jahren liegen sie aber vorne. Dabei war die Wertentwicklung von Senior-Anleihen der Nicht-Finanzinstitute ähnlich gut wie die der Banken. Die insgesamt erfreuliche Entwicklung ist auf der einen Seite der guten Konjunkturlage geschuldet, die sich durch Allzeithochs in den gängigen Indikatoren ausdrückt. Auf der anderen Seite gibt es den starken Rückenwind durch das CSPP-Anleihenkaufprogramm der EZB. Seit dessen Start im Juni 2016 haben die nationalen Zentralbanken rund 5% aller europäischen Investment-Grade-Unternehmensanleihen gekauft, was einem Gesamtwert von knapp 117 Mrd. EUR entspricht. Dies führte dazu, dass sie relativ teuer wurden. Seit der Ankündigung von CSPP im März 2016 sanken die Risikoprämien, gemessen an den Asset Swaps des EUR-Corporates-Senior-Indexes mit 5 bis 6 Jahren Laufzeit um 60 Basispunkte, sodass das aktuelle Spreadniveau nun bei 35 Basispunkten liegt. Das ist ein Abstand von nur noch 17 Basispunkten gegenüber dem Vor-Krisen-Niveau im Juli 2007. Ein direkter Vergleich ist jedoch nur bedingt möglich, weil die Ratings in den vergangenen Jahren schlechter geworden sind. Gleichzeitig befinden sich die Renditen mit 0,65% nahe ihrem historischen Allzeittief, das Mitte 2016 bei 0,36% lag.

Wie beurteilen Sie den Zustand und die Ausfallrisiken der Unternehmen?

Baumann: Fundamental sind europäische Schuldner noch gut aufgestellt und ihre Unternehmensstrategien bleiben mehrheitlich defensiv. Die günstigen Refinanzierungskosten und die robusten Bilanzrelationen sorgen für weltweit rückläufige Ausfallraten. So gehen die bekanntesten Ratingagenturen davon aus, dass sich dieser Trend mindestens bis zum Jahresende fortsetzen wird. Gleichermassen zeigte der jüngste Ratingdrift, also das Verhältnis zwischen Heraufstufungen und Herabstufungen, über alle drei grossen Ratingagenturen hinweg eine positive Tendenz. Ab Mitte Oktober werden europäische Unternehmen ihre Berichte für das 3. Quartal vorlegen, die überwiegend positiv ausfallen sollten. Zudem liegen die vom Kapitalmarkt implizierten Ausfallraten noch immer über den historischen Höchstständen: Mit 4,7% über fünf Jahre entsprechen sie noch immer mehr als dem Sechsfachen der durchschnittlichen historischen Ausfallrate, die seit 1983 weltweit gemessen wurde. Die Risikokompensation bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen reicht weiterhin aus, auch wenn sie nicht mehr so üppig wie in den vergangenen Jahren ist.

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Wie wird sich das Chance-Risiko-Profil von EUR-Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade in den nächsten Monaten entwickeln?

Baumann: Aus technischer Sicht trifft die bislang hohe Primärmarktaktivität unverändert auf eine sehr grosse Nachfrage, was stützend wirkt. Auch fundamental scheint es so, als seien die mittlerweile teuren Bewertungen von Unternehmensanleihen durch die weltweit gute konjunkturelle Lage gestützt. Deshalb schätzen wir europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen zunächst noch positiv ein, aber ihr Chance-Risiko-Profil dürfte in den nächsten Monaten schlechter werden. Die potentiellen Belastungen dürften zunehmen, wenn sich vor der EZB-Sitzung am 26. Oktober die Tapering-Diskussionen intensivieren, die Notenbanken ab 2018 weniger aktiv für Unterstützung sorgen und gleichzeitig die Konjunkturdynamik der Eurozone entsprechend unserem Makroresearch nachlässt.

Welches Potential haben europäische Unternehmensanleihen mittelfristig?

Baumann: Unseren eigenen Frühindikatoren zufolge sollte sich die Konjunktur der Eurozone in den nächsten sechs Monaten etwas abkühlen. Käme es zusätzlich im Frühjahr 2018 bei den Wahlen in Italien und im Fall einer politischen Eskalation auch in Spanien zu externen Störfeuern, dürfte dies bei Unternehmensanleihen aus den Peripherieländern zu erhöhter Volatilität führen. Dann dürften auf der einen Seite die Safe-Haven-Flows in deutsche Bundesanleihen zunehmen und deren Preise wieder in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite sprechen schwächere Einkaufsmanagerindikatoren und politische Unsicherheiten dafür, dass der Risikoappetit der Anleger abnehmen wird, was die Risikoprämien der Unternehmensanleihen steigen lässt. Vor diesem Hintergrund dürfte auf Sicht des 2. Halbjahres 2018 der Spielraum für eine weitere Outperformance von EUR-Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade gegenüber deutschen Bundesanleihen deutlich abnehmen.

Was bedeutet das für Ihre Asset Allocation?

Baumann: Wir haben unsere Fonds bereits prozyklisch defensiver aufgestellt – auch wegen der sinkenden Kapitalmarktliquidität im Sommer. So haben wir einen Teil der Gewinne bei Unternehmensanleihen realisiert, indem wir unser jahrelanges Übergewicht gegenüber der Benchmark zumindest halbiert haben. Im Gegenzug wurde die durchschnittliche Laufzeit der deutschen Bundesanleihen erhöht. In unserer Asset Allocation präferieren wir unverändert Unternehmensanleihen der Ratingklasse «BBB» mit 5 bis 7 Jahren Laufzeit und ziehen weiterhin die Nicht-Finanzinstitute (Senior) gegenüber den Finanzinstituten (Senior Preferred) vor, wobei wir CSPP-Emittenten leicht übergewichten. Dabei präferieren wir in unserer taktischen Sektorallokation Branchen, die noch eine etwas höhere Risikoprämie bieten und fundamental gut aufgestellt sind. Dazu zählen wir Versorger, zyklische Konsumgüter und partiell auch Grundstoffe sowie Telekommunikation. EUR-Neuemissionen von US-Emittenten und andere nicht EZB-fähige Papiere werden den Fonds als attraktive Alternative beigemischt. Auf Schuldner aus der Chemie-, Automobil- und der Pharmabranche verzichten wir mehrheitlich, nicht zuletzt wegen der tiefen Risikoprämien und der ungünstigen Wettbewerbsverhältnisse.

Quelle: BondWorld


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